Der Privilegien-Walk für emphatische Unternehmen in 4 Schritten erklärt

von | Okt. 31, 2025 | WB - Diversität und Inklusion | 0 Kommentare

Privilegien-Walk Lucy Larbi
Privilegien-Walk Lucy Larbi

Diversität und Inklusion sind kritische Erfolgsfaktoren. Durch die bewusste Anerkennung, Wertschätzung und Förderung von Vielfalt erhöhen Unternehmen ihre Innovationskraft und treffen bessere Entscheidungen. Der Privilegien-Walk ist eine Übung, die dazu dient, das Bewusstsein für Privilegien und ungleiche Startbedingungen zu schärfen. Auf diese Weise können Führungskräfte gezielt daran arbeiten die Unternehmenskultur inklusiver zu gestalten.

Was dich in diesem Beitrag erwartet:

Teilnehmende und Zielgruppe

Ich empfehle eine Gruppengröße von 8 bis maximal 30 Teilnehmenden, damit die Übung wirkungsvoll ist und ein Austausch entstehen kann. Zielgruppe der Übung sind Teams auf allen Ebenen der Organisation. Gemischte Gruppen sind besonders sinnvoll, um unterschiedliche Privilegienverteilungen erlebbar zu machen. Da die Übung mit der Ableitung konkreter Maßnahmen endet, kann es sinnvoll sein, Menschen mit entsprechendem Einfluss auf Veränderungen mit einzuladen.

Zeitbedarf und Materialien

Insgesamt solltet ihr ca. 60 bis 90 Minuten für den Privilegien-Walk inkl. Debrief und Diskussion einplanen:

  • 10 Minuten für die Einleitung
  • 20 – 30 Minuten für die Durchführung
  • 30 – 50 Minuten für Reflexion und Maßnahmenableitung

Damit die Durchführung reibungslos funktionieren kann, solltet ihr Folgendes vorbereitet haben:

  • Großer Raum mit ausreichend viel Bewegungsfreiheit
  • Eine Statement-Liste (z.B. die Statements unter Punkt 5)
  • Gesprächsspielregeln für die Reflexion (z.B. diese „Grundsätze des Dialogs“ der Charta der Vielfalt e.V.)
  • White Board / Pinnwand für die Auswertung und Ergebnissicherung

Ablauf der Übung

Die Durchführung des Privilegien-Walks folgt 4 einfachen Schritten:

  1. Alle Teilnehmende stellen sich nebeneinander in einer Reihe auf die Startlinie
  2. Der Host liest ein Statement aus der vorbereiteten Liste vor (z.B. „Ich habe den gleichen Zugang zu Informationen und Resourcen, wie meine Kolleg:innen.“)
  3. Alle, die das Statement für sich mit „ja“ beantworten, gehen einen Schritt nach vorne
  4. ein weiteres Statement wird vorgelesen bis alle Statements bearbeitet sind

Nach ca. 15 – 20 Statements kannst du eine Verteilung im Raum erkennen. Sichere dieses Bild als Grundlage für die anschließende Reflexion.

Geführte Reflexion und Ableitung konkreter Maßnahmen

Jetzt ist es Zeit Raum für persönliche Reflexion zu geben. Am besten nutzt du dafür die Kreisarbeit. Stelle Fragen, die den Austausch anregen, z.B.:

  • Wie fühlte sich deine Position im Raum an?
  • Was hat dich überrascht?
  • Welche körperlichen Empfindungen hast du gerade?

Diskutiert in der Gruppe über eure Beobachtungen und mögliche Ursachen. Überlegt gemeinsam, welche Strukturen in eurem Unternehmen die wahrgenommene Privilegienungleichheit fördern und welche konkrete Maßnahmen hiergegen unternommen werden können. Achte darauf, dass die Gruppe selbst Einfluss auf die Umsetzung der Maßnahmen hat, um das Selbstwirksamkeitsempfinden aufrechtzuerhalten. Im Anschluss werden die Maßnahmen priorisiert und konkretisiert („Wer macht was bis wann?“).

Add On: Statement-Liste für den Privilegien-Walk

Hier ist eine Statement-Liste mit auf den Arbeitskontext zugeschnitten Aussagen:

  1. Wenn deine Eltern nachts und am Wochenende gearbeitet haben, um die Familie zu ernähren, geh einen Schritt zurück.
  2. Wenn du durch die Welt gehen kannst, ohne Angst vor sexuellen Übergrien zu haben, geh einen Schritt nach vorne.
  3. Wenn du deinem/deiner Partner*in in der Öentlichkeit deine Liebe zeigen kannst, ohne Angst vor Spott und Gewalt haben zu müssen, geh einen Schritt nach vorne.
  4. Wenn dir je eine körperliche oder psychische Krankheit/Behinderung diagnostiziert wurde, geh einen Schritt zurück.
  5. Wenn in dem Haushalt, in dem du aufgewachsen bist, als Hauptsprache nicht Deutsch gesprochen wurde, geh einen Schritt zurück.
  6. Wenn du aus einer unterstützenden familiären Umgebung kommst, geh einen Schritt nach vorne.
  7. Wenn du je versucht hast, die Art wie du sprichst oder wie du dich verhältst zu ändern, um glaubhafter zu wirken, geh einen Schritt zurück.
  8. Wenn du überall in deinem Land hingehen kannst und Pflege- und Kosmetikprodukte bekommen kannst, die für dein Haar und deine Hautfarbe geeignet sind, geh einen Schritt nach vorne.
  9. Wenn dir in deiner Kindheit deine Kleidung oder dein Haus peinlich war, geh einen Schritt zurück.
  10. Wenn du Fehler machen kannst und Menschen diese Fehler nicht darauf zurückführen, dass du einem bestimmten Geschlecht/einer bestimmten Ethnie angehörst, geh einen Schritt nach vorne.
  11. Wenn du nach dem Gesetz die Person heiraten kannst, die du liebst, egal wo du lebst, geh einen Schritt nach vorne.
  12. Wenn du in Deutschland geboren wurdest, geh einen Schritt nach vorne.
  13. Wenn du oder deine Eltern eine Scheidung hinter sich haben, geh einen Schritt zurück.
  14. Wenn du denkst, dass du in deiner Kindheit ausreichend Zugang zu gesundem Essen hattest, geh einen Schritt nach vorne.
  15. Wenn du dir ausreichend sicher sein kannst, dass du deswegen für einen Job angestellt wurdest, weil du die entsprechenden Fähigkeiten und Qualifikationen mitbringst, geh einen Schritt nach vorne.
  16. Wenn du ohne zu zögern die Polizei rufen würdest, wenn du sie brauchst, geh einen Schritt nach vorne.
  17. Wenn du zum Arzt gehen kannst, wenn du krank bist, geh einen Schritt nach vorne.
  18. Wenn du dich wohl damit fühlst, Gefühle oen zu zeigen, geh einen Schritt nach vorne.
  19. Wenn du je die einzige Person deiner Ethnie/deines Geschlechts/deiner sozialen Schicht/deiner sexuellen Orientierung in einem Klassenzimmer oder einem Arbeitsumfeld warst, geh einen Schritt zurück.
  20. Wenn du einen Kredit aufgenommen hast, um deine Ausbildung zu finanzieren, geh einen Schritt zurück.
  21. Wenn du für deine religiösen Feiertage frei bekommst, geh einen Schritt nach vorne.
  22. Wenn du während deines Studiums einen Job annehmen musstest, geh einen Schritt zurück.
  23. Wenn du keine Angst hast, nachts alleine nach Hause zu laufen, geh einen Schritt nach vorne.
  24. Wenn du je außerhalb von Deutschland Urlaub gemacht hast, geh einen Schritt nach vorne.
  25. Wenn du je den Eindruck hattest, dass deine Ethnie/dein Geschlecht/deine sexuelle Orientierung/Behinderung nicht angemessen oder falsch in den Medien dargestellt wird, geh einen Schritt zurück.
  26. Wenn du zuversichtlich bist, dass deine Eltern dich finanziell unterstützen würden, wenn du in finanziellen Schwierigkeiten bist, geh einen Schritt nach vorne.
  27. Wenn du je schikaniert wurdest oder man sich über dich lustig gemacht hat für etwas, wofür du nichts kannst, geh einen Schritt zurück.
  28. Wenn es in deiner Kindheit mehr als 50 Bücher in eurem Haushalt gab, geh einen Schritt nach vorne.
  29. Wenn du die Kultur und die Geschichte deiner Vorfahren in der Grundschule gelernt hast, geh einen Schritt nach vorne.
  30. Wenn deine Eltern oder Erziehungsberechtigten studiert haben, geh einen Schritt nach vorn.
  31. Wenn du je einen Familienurlaub gemacht hast, geh einen Schritt nach vorne.
  32. Wenn du dir neue Kleidung kaufen und essen gehen kannst, wann immer dir danach ist, geh einen Schritt nach vorne.
  33. Wenn dir je ein Job angeboten wurde wegen deiner Verbindung zu einem Freund oder einem Familienmitglied, geh einen Schritt nach vorne.
  34. Wenn deine Eltern je entlassen wurden oder erwerbslos waren, ohne etwas dafür zu können, geh einen Schritt zurück.
  35. Wenn du dich je unwohl gefühlt hast mit einem Witz oder einer Aussage, die mit deiner Herkunft, deinem Geschlecht, deinem Aussehen oder deiner sexuellen Orientierung verbunden war, du dich aber nicht sicher genug gefühlt hast, das anzusprechen, geh einen Schritt zurück

Diese Liste kann je nach Gruppe und Unternehmenskontext angepasst und ergänzt werden. Wichtig ist, dass die Statements möglichst präzise, erfahrbar und relevant für die Teilnehmenden sind.

Nutzen des Privilegien Walks

Der Nutzen eines Privilegien-Walks besteht darin, das Bewusstsein für Privilegien und Benachteiligungen in einer Gruppe zu erhöhen und die Diskussion über Gleichheit und Inklusion anzuregen. Durch die Übung können die Teilnehmer besser verstehen, wie ihre eigenen Privilegien und Benachteiligungen ihre Erfahrungen und Perspektiven beeinflussen und wie diese sich auf andere in der Gruppe auswirken können.

Ein Privilegien-Walk kann auch dazu beitragen, die Beteiligten sensibler für die Erfahrungen und Perspektiven anderer zu machen und ihre eigene Verantwortung im Hinblick auf Gleichheit und Inklusion zu erkennen.

Die Übung kann dazu beitragen, dass die Teilnehmer besser verstehen, wie sie ihre Privilegien nutzen können, um die Gleichheit und Inklusion in der Gruppe zu fördern. Insgesamt hilft der Privilegien-Walk, das Bewusstsein für die Vielfalt und die Herausforderungen, die damit verbunden sind, in einer Gruppe zu erhöhen und eine offene und inklusive Kultur zu fördern.

Weitere spannende Übungen, Tools und Methoden findest du in meiner Wissensbank.

💡 Über die Autorin

Lucy Larbi – Expertin für Agilität & Vielfalt

 

Lucy Larbi ist Zukunftsdenkerin und Beraterin für mittelständische und große deutsche Unternehmen, die sich mit der agilen Transformation beschäftigen. Schlanke Prozesse und leistungsstarke Teams zu entwickeln sind ihre Expertise.

Zudem begleitet sie Unternehmen in allen Fragen rund um Diversität & Inklusion und verhilft ihnen mit gezielten Strategien zu mehr Vielfalt.

Sie ist außerdem Gründerin von FoG-Germany und Initiatorin von AiDiA – dem ersten Afrodeutschen Startup Pitch Event.

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